Das ändert sich 2022 bei Verträgen, Teil 1
Neue Informationspflichten auf Online-Marktplätzen, Verkaufsverbot für bestimmte Produkte bei Kaffeefahrten, vereinfachte Möglichkeiten für die Kündigung von Verträgen: Das neue Jahr bringt ein paar Veränderungen mit sich. In einem zweiteiligen Beitrag fassen wir zusammen, was sich 2022 bei Verträgen ändert.
Inhalt
Kürzere Kündigungsfristen bei Laufzeitverträgen
Bei vielen Laufzeitverträgen war bisher im sogenannten Kleingedruckten vorgesehen, dass eine Kündigung drei Monate vor Ablauf der aktuellen Laufzeit erfolgen muss. Verpasst der Verbraucher die Kündigungsfrist, verlängert sich der Vertrag stillschweigend um eine weitere, meist einjährige Laufzeit.
Diese gängige Praxis gilt für Verträge, die ab dem 1. März 2022 geschlossen werden, nicht mehr. Ab dann ist nur noch eine Kündigungsfrist von einem Monat zulässig. Außerdem verlängern sich die Verträge künftig nur noch auf unbestimmte Zeit. Der Verbraucher muss dadurch die Vertragslaufzeiten, die Fristen und die Kündigungstermine nicht mehr im Blick haben.
Stattdessen kann er den Vertrag jederzeit mit einer einmonatigen Frist kündigen. Das Gesetz verfolgt das Ziel, Verbraucher besser vor übermäßig langen Kündigungsfristen und Vertragsverlängerungen zu schützen.
Kann der Verbraucher online einen Laufzeitvertrag abschließen, muss es ab dem 1. Juli 2022 auf dieser Webseite auch einen Button geben, über den der Verbraucher den Vertrag wieder kündigen kann.
Der neue Kündigungsbutton soll dazu beitragen, dass es für den Verbraucher schneller und einfacher möglich ist, einen Vertrag zu beenden. Bisher ist es oft so, dass die Kündigungsmöglichkeiten erst nach längerer Suche zu finden sind.
Keine sofortige Zahlungsaufforderung bei Haustürgeschäften
Bereits im Juni 2021 hat der Bundestag ein Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht auf den Weg gebracht. Eine Regelung daraus tritt zum 28. Mai 2022 in Kraft. Sie bezieht sich auf eine mögliche Abzocke an der Haustür.
Erhält der Verbraucher ungebetenen Besuch von einem Verkäufer und kommt dabei ein Vertrag zustande, darf der Verbraucher künftig nicht mehr dazu aufgefordert werden, die Zahlung sofort zu leisten.
Eine Ausnahme gilt nur für Waren oder Dienstleistungen, die weniger kosten als 50 Euro. Dann kann der Verkäufer den Verbraucher nach wie vor direkt zur Kasse bitten.
Die Regelung soll Verbraucher davor schützen, dass sie von windigen Geschäftemachern überrumpelt werden, mitunter hohe Beträge bar bezahlen und anschließend oft vergeblich nach dem Vertragspartner suchen, wenn sie den Vertrag widerrufen oder Anzeige wegen unlauterer Geschäfte erstatten möchten.
Verlängerte Beweislastumkehr im Kaufrecht
In den beiden ersten Jahren nach dem Kauf gilt die gesetzliche Gewährleistungsfrist. Innerhalb dieser Frist muss der Händler dafür einstehen, dass die Ware einwandfrei funktioniert. Tritt ein Defekt auf, muss er nachbessern, einen Ersatz anbieten, den Kaufpreis mindern oder auch die Ware zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten.
Dabei wurde bisher in den ersten sechs Monaten unterstellt, dass der Sachmangel bereits beim Kauf vorhanden war. Ansonsten musste der Händler das Gegenteil beweisen. Ab dem siebten Monat kehrte sich die Beweislast aber um.
Der Verbraucher musste ab dann den Nachweis erbringen, dass der Defekt von Anfang an bestand und nicht zum Beispiel durch einen Bedienungsfehler verursacht wurde. Vor allem bei Gebrauchsgegenständen ist es aber oft gar nicht so einfach, diesen Nachweis zu führen.
Der Gesetzgeber hat nun verbraucherfreundlich nachgebessert. Bei Verträgen, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden, verlängert sich die Beweislast zugunsten des Verbrauchers von sechs Monaten auf ein Jahr.
Damit wird nun also im ersten Jahr nach dem Kauf davon ausgegangen, dass es sich bei einem auftretenden Defekt und einen Sachmangel handelt, der von Anfang bestand. Für den Verbraucher wird es dadurch leichter, seine Ansprüche auf Gewährleistung geltend zu machen.
Neuer Vertragstyp über digitale Produkte
Mit dem sogenannten „Verbrauchervertrag über digitale Produkte“ gibt es einen neuen Vertragstyp. Hintergrund dazu ist, dass immer mehr digitale Produkte auf den Markt kommen.
Zu den digitalen Produkten zählen digitale Inhalte und Dienstleistungen, physische Datenträger und personenbezogene Daten. Darunter fallen zum Beispiel Musikdateien, Videos, E-Books, Apps, Streamingdienste, Software, CDs und DVDs, Datenbanken, Anwendungen in Clouds und soziale Netzwerke.
Für solche Produkte gibt es nun erstmals eigene Regelungen zu den Gewährleistungsrechten. Demnach kann der Verbraucher zwei Jahre lang Mängel reklamieren. Wie generell seit Jahresbeginn bei Kaufverträgen gilt außerdem auch bei digitalen Produkten eine einjährige Beweislastumkehr.
Innerhalb des ersten Jahres wird also vermutet, dass der Fehler schon beim Kauf bestand und der Verbraucher folglich Gewährleistungsrechte geltend machen kann.
Der neue Vertragstyp erfasst aber nicht alle Produkte, die im weiteren Sinne digital sind. So fallen Verträge über sonstige Dienstleistungen wie zum Beispiel Glücksspiel, Finanzdienstleistungen und die Telekommunikation nicht nur die Regelungen.
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Thema: Das ändert sich 2022 bei Verträgen, Teil 1
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