Ratgeber: Rentenansprüche nach der Scheidung
Statistiken zufolge wird gut jede dritte Ehe in Deutschland geschieden. Gehen die Wege auseinander, gilt es nicht nur, den Trennungsschmerz zu überwinden und sein Leben neu zu ordnen.
Stattdessen müssen auch die Werte aufgeteilt werden. Dies wiederum betrifft materielle Güter genauso wie die späteren Rentenansprüche. Das entscheidende Stichwort in diesem Zusammenhang lautet Versorgungsausgleich. Doch was hat es damit auf sich? Und wer entscheidet, wer was bekommt?
Der folgende Ratgeber erklärt alles Wichtige
rund um die Rentenansprüche nach der Scheidung:
Was bedeutet „Versorgungsausgleich“?
Kommt es zu einer Scheidung, findet die Aufteilung der gemeinsam erarbeiteten Werte in drei Bereichen statt:
- Vermögensauseinadersetzung: Hierbei werden die Sach- und Vermögenswerte der Eheleute untereinander aufgeteilt. Zu diesen Werten gehören unter anderem Immobilien, Möbel und Hausrat, Fahrzeuge und Kapitalanlagen.
- Unterhalt: Um die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Gegenwart auszugleichen, bezahlt der Ex-Ehepartner, der das höhere Einkommen erzielt, jeden Monat einen bestimmten Betrag. Dieser Betrag nennt sich Unterhalt.
- Versorgungsausgleich: Er zielt, vereinfacht erklärt, darauf ab, finanzielle Unterschiede im Rentenalter auszugleichen.
Den Versorgungsausgleich gibt es in Deutschland seit 1977, 2009 wurde er dann grundlegend reformiert. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs werden die Ansprüche auf die Versorgung zwischen den Eheleuten aufgeteilt.
Da sich die Versorgungsansprüche und -anwartschaften auf Renten beziehen, kommen die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs in aller Regel auch erst im Rentenalter zum Tragen.
Der Versorgungsausgleich zielt in erster Linie darauf ab, finanzielle Unterschiede auszugleichen, die das Ergebnis der familiären Aufgabenverteilung sind. Hat das Ehepaar beispielsweise Kinder und bleibt einer der Partner der Kinder wegen zu Hause, ist der berufstätige Partner mit Blick auf die Vorsorge für die spätere Altersrente im Vorteil.
Dieser Vorteil soll ausgeglichen werden. Der Versorgungsausgleich wird aber nicht nur bei Eheleuten mit Kindern, sondern auch bei kinderlosen Ehepaaren und bei Doppelverdienern durchgeführt. Außerdem behält er Bestand, unabhängig davon, ob einer oder beide Partner später noch einmal neu heiraten.
Welche Versorgungsansprüche werden beim Versorgungsausgleich berücksichtigt?
Beim Versorgungsausgleich werden Ansprüche und Anwartschaften aus
- der gesetzlichen Rentenversicherung, einer Beamtentätigkeit oder einer berufständischen Versorgung,
- Betriebsrenten,
- Riester- und Rürup-Renten und vergleichbaren Ansprüchen nach dem Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz sowie
- privaten Rentenversicherungen, wenn diese als Renten ausbezahlt werden,
berücksichtigt.
Lebensversicherungen und Versorgungsansprüche bei ausländischen Trägern fließen hingegen nicht in den Versorgungsausgleich ein.
Dabei erfasst der Versorgungsausgleich aber nur die Ansprüche und Anwartschaften, die während der sogenannten Ehezeit erworben wurden. Diese Ehezeit beginnt mit dem Monat, in dem die Ehe geschlossen wurde, und endet mit dem letzten Monat vor der Zustellung des Scheidungsantrags.
Beispiel: Ein Ehepaar heiratet am 15. Mai 1998. Der Scheidungsantrag liegt am 24. August 2015 im Briefkasten. Die Ehezeit, die beim Versorgungsausgleich berücksichtigt wird, beginnt somit am 01. Mai 1998 und endet am 31. Juli 2015.
Wie wird der Versorgungsausgleich durchgeführt?
Der Versorgungsausgleich kann in mehreren Varianten durchgeführt werden. Da die wenigsten Eheleute aber einen Ehevertrag schließen oder besondere Vereinbarungen treffen, erfolgt der Versorgungsausgleich meist in Form einer sogenannten internen Teilung.
Sie bewertet die Versorgungsansprüche, die während der Ehe erworben wurden, als gemeinschaftliche Lebensleistung des Ehepaares. Deshalb haben beide Ehepartner zu gleichen Teilen Anrecht darauf. Kommt es zu einer Scheidung, werden folglich alle erworbenen Versorgungsansprüche zusammengenommen und hälftig aufgeteilt.
Jeder Ehepartner tritt also jeweils die Hälfte seiner Ansprüche an den Partner ab und bekommt im Gegenzug die Hälfte der Ansprüche des Partners. Dies führt dazu, dass beide Ehepartner mit gleich hohen Versorgungsaussprüchen aus der Ehe gehen. Die erworbenen Ansprüche werden anschließend in einem Rentenkonto angelegt, wobei jeder Ehepartner sein eigenes Rentenkonto beim Versorgungsträger des Partners bekommt.
Der Versorgungsträger ist der Träger, der die Versorgung leistet, bei der gesetzlichen Altersrente beispielsweise ist das die deutsche Rentenversicherung oder die Knappschaft.
Eine andere Form ist die externe Teilung. Sie kann durchgeführt werden, wenn ein Ehepartner Versorgungsrechte bei einem externen Versorgungsträger seines Ex-Ehegatten hat. Der Ehepartner kann dann entscheiden, wo seine Ansprüche begründet werden sollen. Daneben können die Ehepartner individuelle Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich im Fall einer Scheidung treffen.
Wer entscheidet über den Versorgungsausgleich?
Für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist das Familiengericht zuständig. Dabei führt das Familiengericht das Verfahren zusammen mit dem Scheidungsverfahren durch. Die Eheleute müssen den Versorgungsausgleich also nicht gesondert beantragen.
Um über den Versorgungsausgleich entscheiden zu können, fragt das Familiengericht die erworbenen Ansprüche in der Ehezeit bei den Versorgungsträgern ab und teilt den Eheleuten anschließend das Ergebnis mit. Die Ehepartner können daraufhin innerhalb einer bestimmten Frist Beschwerde einlegen. Tun sie dies nicht, tritt die Entscheidung in Kraft. Sie ist dann sowohl für die Eheleute als auch für die Versorgungsträger verbindlich.
Übrigens: Die Regelungen zum Versorgungsausgleich gelten nicht nur für Ehepaare. Auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften, die nach dem 1. Januar 2005 begründet wurden, finden sie in gleicher Form Anwendung.
Ist es möglich, den Versorgungsausgleich auszuschließen?
Es gibt drei Gründe, die es ermöglichen, die Durchführung eines Versorgungsausgleichs anteilig oder vollständig auszuschließen:
- Der erste Ausschlussgrund ist eine kurze Ehedauer. Hatte die Ehe inklusive Trennungsjahr weniger als drei Jahre Bestand, findet kein Versorgungsausgleich statt. Möchten die Eheleute, dass das Familiengericht trotzdem einen Versorgungsausgleich durchführt, müssen sie dies gesondert beantragen.
- Haben beide Ehepartner in der Ehezeit nahezu gleichwertige Anrechte erworben, wird das Familiengericht meist auf den Versorgungsausgleich verzichten. Bei nahezu identischen Versorgungsansprüchen würde sich für die Eheleute letztlich nichts ändern. Deshalb ist ein Versorgungsausgleich auch nicht notwendig. Gleiches gilt, wenn nur einzelne Versorgungsansprüche mit geringem Wert zur Debatte stehen. Hier wird dann von Geringfügigkeit als Ausschlussgrund gesprochen.
- Als dritter Ausschlussgrund kommen Ehegattenvereinbarungen in Frage. Die Eheleute haben die Möglichkeit, zu vereinbaren, ob und in welcher Form ein Versorgungsausgleich stattfinden soll. Beinhalten die Vereinbarungen, dass bestimmte Anrechte von einem Partner auf den anderen Partner übertragen werden sollen, muss das Familiengericht dieser Vereinbarung aber zustimmen.
Generell sind die Entscheidungen des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich aber nicht in Stein gemeißelt. Sollte sich später eine erhebliche Änderung einstellen, die die Ansprüche aus der Ehezeit betrifft, kann der betroffene Ex-Ehepartner einen Anpassungsantrag stellen.
Zudem gibt es ein paar Sonderfälle, die dazu führen, dass die Rente trotz vorliegender Gerichtsentscheidung nicht oder nur teilweise gekürzt wird. Dies ist beispielsweise dann so, wenn der geschiedene Ehepartner stirbt.
Da hier aber immer der konkrete Sachverhalt berücksichtigt werden muss, sollte sich der Betroffene an seinen Versorgungsträger wenden, der ihm genaue Auskunft geben und den richtigen Ansprechpartner nennen kann.
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