Was ist eine Untervollmacht? Teil 1
Vollmachten gibt es für viele verschiedene Bereiche und in unterschiedlichen Formen. Beauftragt eine Person zum Beispiel einen Bekannten damit, auf dem Rückweg aus der Stadt bei der Verwaltung vorbeizufahren und den neuen Personalausweis für sie abzuholen, erteilt die Person ihrem Bekannten für diese Handlung eine Vollmacht.
Aber genauso handelt es sich um eine Vollmacht, wenn der Geschäftsführer eines Unternehmens einen Prokuristen zu seinem Vertreter bestimmt.
Für alle Vollmachten gilt grundsätzlich, dass der Bevollmächtigte dazu befugt ist, den Vollmachtgeber bei bestimmten Rechtsgeschäften zu vertreten. Wie umfangreich die Befugnisse des Bevollmächtigten sind, richtet sich dann nach der jeweiligen Vollmacht.
Die Untervollmacht ist eine besondere Variante der Vollmacht. Denn hier bestimmt nicht der Vollmachtgeber eine Person zu seinem Vertreter. Vielmehr überträgt der Bevollmächtigte die ihm erteilte Vertretungsmacht auf einen Dritten.
Was das genau bedeutet und welche Regeln für eine Untervollmacht gelten, erklären wir in einem zweiteiligen Beitrag.
Hier ist Teil 1!:
Was ist eine Untervollmacht?
Bei einer Vollmacht handelt es sich gemäß § 166 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) um eine Vertretungsmacht, die der Vollmachtgeber durch ein Rechtsgeschäft erteilt hat. Dabei erteilt der Vollmachtgeber die Vollmacht, indem er erklärt, dass und wobei ihn der Bevollmächtigte vertreten soll.
Das ergibt sich aus § 167 BGB. Allerdings muss bei der Erklärung unterschieden werden, wem gegenüber der Vollmachtgeber sie abgibt.
Denn daraus entsteht entweder eine Innen- oder eine Außenvollmacht:
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Gibt der Vollmachtgeber die Erklärung gegenüber dem Bevollmächtigten ab, handelt es sich um eine Innenvollmacht.
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Eine Außenvollmacht erklärt der Vollmachtgeber gegenüber dem Dritten, bei dem er durch den Bevollmächtigten vertreten wird.
Mit der Prokura und der Handlungsvollmacht kennt das Handelsrecht dann noch zwei Spezialformen der Vollmacht.
Eine Untervollmacht ist ebenfalls eine Erklärung, durch die eine Person zum Vertreter bei Rechtsgeschäften bestimmt wird. Allerdings erteilt diese Vollmacht nicht der Vollmachtgeber an den Bevollmächtigten, sondern der Bevollmächtigte an eine weitere Person.
Das heißt: Der Vollmachtgeber hat eine Person per Vollmacht dazu ermächtigt, ihn bei bestimmten Rechtsgeschäften zu vertreten. Diese Person wird auch als Hauptbevollmächtigter bezeichnet.
Nun überträgt der Hauptbevollmächtigte die ihm erteilte Vertretungsmacht auf eine dritte Person. Dadurch erteilt der Hauptbevollmächtigte eine Untervollmacht. Die dritte Person wird so zum Unterbevollmächtigten und ist gewissermaßen der Vertreter des Vertreters.
Inhalt
Wann kann der Hauptbevollmächtigte eine Untervollmacht erteilen?
Ob der Hauptbevollmächtigte dazu befugt ist, eine Untervollmacht zu erteilen, hängt von den Vereinbarungen ab. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) ist entscheidend, ob der Vollmachtgeber erkennbar daran interessiert ist, dass die erteilte Vertretungsmacht durch den Bevollmächtigten persönlich wahrgenommen wird (Az. BB 59, 13 und Mü WM 84,834).
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist in aller Regel in der Hauptvollmacht festgelegt, ob der Bevollmächtigte dazu befugt ist, eine Untervollmacht zu erteilen. Und vor allem wenn es um die Vertretung bei persönlichen Angelegenheiten geht, ist eine Untervollmacht oft ausdrücklich ausgeschlossen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass eine Untervollmacht nie weiter reichen kann als die Hauptvollmacht. Der Bevollmächtigte kann im Rahmen der Untervollmacht also grundsätzlich keine Befugnisse erteilen, die er selbst gar nicht hat.
Andererseits muss der Vollmachtgeber bei einer Innenvollmacht nicht immer ausdrücklich erklären, dass sein Vertreter zum Erteilen einer Untervollmacht befugt ist.
Bei einer Generalvollmacht ist das zum Beispiel so. Hat der Bevollmächtigte eine Generalvollmacht, ist er im Normalfall automatisch auch dazu berechtigt, eine Untervollmacht zu erteilen. Ob das so in der Vollmachtserklärung steht oder nicht, spielt keine Rolle.
Generell ist der Bevollmächtigte aber gut beraten, wenn er sich das Okay des Vollmachtgebers einholt. Denn eine Untervollmacht ist nur dann wirksam, wenn der Vollmachtgeber mit der Übertragung der Vertretungsmacht an einen Unterbevollmächtigten einverstanden ist.
Bestehen daran Zweifel, muss der Vollmachtgeber bestätigen, dass die Untervollmacht wirksam ist.
Wessen Vertreter ist der Unterbevollmächtigte?
Bei einer wirksamen Untervollmacht vertritt der Unterbevollmächtigte grundsätzlich den Vollmachtgeber – nicht den Hauptbevollmächtigten.
Ein Beispiel: Angenommen, der Vollmachtgeber hat per Vollmacht bestimmt, dass sich seine Schwester um seine finanziellen Angelegenheiten kümmern soll, wenn er das selbst nicht mehr kann. In der Vollmacht hat er aber auch erklärt, dass die Schwester ihren Sohn zum Unterbevollmächtigten bestimmen darf.
Kommt es nun dazu, dass eine finanzielle Angelegenheit geregelt werden muss und erteilt die Schwester dafür ihrem Sohn Untervollmacht, vertritt der Sohn den Vollmachtgeber. Der Sohn vertritt also nicht seine Mutter, sondern handelt im Namen des Vollmachtgebers.
Allerdings hat der BGH erklärt, dass die Möglichkeit besteht, den Unterbevollmächtigten als Vertreter des Hauptbevollmächtigten einzusetzen (Az. 32, 253).
Der Unterbevollmächtigte tritt dann zwar im Namen des Vollmachtgebers auf, kann aber erklären, dass er nur als Unterbevollmächtigter handelt. Die Folge davon ist, dass der Unterbevollmächtigte so nur für Fehler innerhalb der Untervollmacht haftet. Für Mängel, die sich im Sinne von § 179 BGB aus der Hauptvollmacht ergeben, kann er nicht in die Haftung genommen werden.
Hintergrund hierzu ist, dass nach Ansicht des BGH gerade bei einer Untervollmacht das Abstraktionsprinzip als Grundlage der Stellvertretung zum Tragen kommt.
Eine Stellvertretung basiert auf einem Rechtsverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen. Nach dem Abstraktionsprinzip muss genau dieses Rechtsverhältnis von der Vertretungsmacht getrennt werden.
Denn eine Untervollmacht setzt gerade nicht voraus, dass auch zwischen dem Unterbevollmächtigten als Vertreter und dem eigentlichen Vollmachtgeber als Vertretener ein Rechtsverhältnis besteht (Az. NJW 81, 1728).
Für die Praxis heißt das, dass die Wirksamkeit der Vollmacht vom Innenverhältnis abhängt. Andersherum hat das Handeln des Bevollmächtigten auch dann Folgen für den Vollmachtgeber, wenn der Bevollmächtigte bei Handlungen innerhalb seiner Vertretungsmacht gegen Pflichten aus dem Innenverhältnis verstößt.
In Teil 2 schauen wir uns an, ob eine Untervollmacht widerrufen werden kann und was die typischen Fälle sind, bei denen eine Untervollmacht zum Einsatz kommt.
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Thema: Was ist eine Untervollmacht? Teil 1
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