Sollte eine Elementarschadenversicherung zur Pflicht werden?

Sollte eine Elementarschadenversicherung zur Pflicht werden?

Extreme Wetterlagen wie die verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal vor wenigen Jahren oder das Hochwasser in Baden-Württemberg und Bayern im Frühsommer 2024 sorgen nicht nur für eine große Zerstörung und rufen viel persönliches Leid hervor. Vielmehr entstehen auch Schäden in Millionenhöhe. Derzeit werden solche Schäden zu einem großen Teil vom Staat und damit letztlich von den Steuerzahlern finanziert. Denn hierzulande ist nur rund die Hälfte aller Häuser gegen Schäden durch Wetterextreme versichert.

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Sollte eine Elementarschadenversicherung zur Pflicht werden

Mit dem Voranschreiten des Klimawandels müssen wir aber davon ausgehen, dass Starkregen, Hochwasser, Stürme und andere Unwetter öfter vorkommen werden. Deshalb brauchen wir bessere Lösungen. Ein möglicher Ansatz könnte eine verpflichtende Elementarschadenversicherung sein.

Doch wie könnte ein passendes Modell aussehen?:

Was ist eine Elementarschadenversicherung?

Wenn wir stürzen und uns dabei eine Verletzung zuziehen, übernimmt die Krankenversicherung die Kosten für die medizinische Behandlung. Doch was ist, wenn es so stark stürmt und regnet, dass in unserem Keller oder gar der ganzen Wohnung kniehoch das Wasser steht? Wer haftet dann für die Schäden?

Bei etwa der Hälfte der Gebäude in Deutschland springt die sogenannte Elementarschadenversicherung ein. Je nach Police bezahlt sie die Schadenssumme komplett oder zumindest anteilig.

Eine Elementarschadenversicherung kann als Zusatz zu einer Hausrat- oder Gebäudeversicherung abgeschlossen werden. Letztere greifen bei Schäden, die zum Beispiel durch einen Brand oder einen Einbruchdiebstahl verursacht werden. Die Elementarschadenversicherung erweitert den Schutz um Ereignisse, bei denen die Natur das Eigentum beschädigt oder zerstört.

Ursachen können zum Beispiel Starkregen, Hochwasser, Erdbeben, Lawinen oder Schneemassen sein, denen das Hausdach nicht standhält.

Warum hat nur die Hälfte der Haushalte eine Elementarschadenversicherung?

Eine Elementarschadenversicherung klingt zweifellos nach einer sinnvollen Investition. Dass in Deutschland trotzdem nur etwa die Hälfte aller Haushalte gegen Naturschäden versichert ist, hat unterschiedliche Gründe.

Ein Grund ist, dass es für viele Haushalte so gut wie unmöglich ist, eine Elementarschadenversicherung abzuschließen. Denn wer in einem Gebiet wohnt, das als Risikogebiet für zum Beispiel Hochwasser oder Stürme gilt, ist aus Sicht der Versicherer ein zu großes Risiko.

Sie lehnen Verträge deshalb oft ab. Sollte sich dennoch eine Versicherungsgesellschaft finden, die eine Versicherung anbietet, sind die Beiträge enorm hoch. Bis zu 2.000 Euro pro Jahr kann dann allein die Elementarschadenversicherung als Zusatzbaustein kosten.

In Gegenden, in denen das Risiko für Elementarschäden nicht besonders hoch ist, kostet die Versicherung im Schnitt zwischen 100 und 300 Euro jährlich. Eine solche Beitragshöhe ist zwar überschaubar.

Weil das Risiko aber gering ist, scheint auch die Notwendigkeit einer Versicherung nicht sehr hoch. Sollte es in einem Nicht-Risikogebiet wider Erwarten doch einmal zu einem Extremwetter kommen, nehmen die Betroffenen in Kauf, die Schäden selbst zu finanzieren oder staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Staatliche Hilfe greift vor allem bei großen Naturkatastrophen, bei denen die Schäden nicht selten in die Milliardenhöhe gehen.

Wenn die Auswirkungen des Klimawandels immer öfter gefährliche Wetterextreme mit sich bringen und davon auch Gegenden betroffen sind, die keine typischen Risikogebiete sind, wird das System irgendwann zusammenbrechen.

Denn die Summen, die der Staat und damit auch alle Steuerzahler zur Verfügung stellen müssen, erreichen früher oder später Ausmaße, die nicht mehr zu schultern sind. Aus diesem Grund verlangen sowohl zahlreiche Politiker als auch Verbraucherschützer, dass das Versicherungssystem reformiert wird.

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Sie möchten erreichen, dass eine Elementarschadenversicherung keine freiwillige Absicherung bleibt, sondern für alle Hausbesitzer verpflichtend wird.

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Sollte eine Elementarschadenversicherung zur Pflicht werden?

Eine Pflichtversicherung für Elementarschäden würde einerseits vielen Hausbesitzern Sicherheit geben und sie im Ernstfall vor einem wirtschaftlichen Ruin schützen. Andererseits wäre die Versicherungspflicht im Sinne der Steuerzahler. Nach den derzeitigen Regelungen sind sie nämlich diejenigen, die am Ende die Schäden mitbezahlen.

Eine Neuregelung würde bewirken, dass Versicherer Elementarschadenversicherungen nicht mehr verweigern können, auch nicht in Risikogebieten. Andersherum wären aber auch Hausbesitzer in Gegenden mit geringem Risiko verpflichtet, eine Versicherung abzuschließen, die sie vielleicht nie brauchen werden.

Das Ergebnis wäre eine erzwungene Solidargemeinschaft gegen Naturschäden. Unterm Strich würde der durchschnittliche Versicherungssatz wahrscheinlich etwas niedriger ausfallen. Insgesamt würde das Wohnen aber teurer werden. In Anbetracht der sowieso schon steigenden Lebenskosten ist diese Aussicht alles andere als attraktiv.

Vertreter der Immobilienbesitzer und auch einige Politiker sehen eine Pflichtversicherung deshalb kritisch. Die Versicherer sprechen sich ebenfalls gegen eine Neuregelung aus. Sie fordern stattdessen mehr Prävention.

Dazu könnte gehören, in Risikogebieten keine neuen Häuser zu bauen und die Flächenversiegelung zu verringern, die vielerorts dazu führt, dass Regenmassen nicht versickern können.

Wie geht es weiter?

Ab dem Sommer 2024 wollen die Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler die Möglichkeit einer Pflichtversicherung diskutieren. Was dabei herauskommt und wie es weitergeht, ist derzeit nicht absehbar.

Sollte es dazu kommen, dass eine Pflichtversicherung eingeführt wird, könnte unser Nachbarland Frankreich zu unserem Vorbild werden. Dort sind 98 Prozent der Haushalte durch eine Elementarschadenversicherung geschützt, deren Jahresbeitrag demnächst auf gerade einmal 42 Euro angehoben wird.

Allerdings handelt es sich bei der Versicherung nicht um eine Pflichtversicherung im klassischen Sinne. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Versicherer dazu verpflichtet, einen gewissen Prozentsatz der Beiträge für jede laufende Hausrat- und Gebäudeversicherung abzuzweigen und in einen separaten Topf einzuzahlen.

Sollte es zu einer Naturkatastrophe kommen, werden die Schäden aus diesem Topf reguliert. Der Staat springt nur ein, wenn die Schadenssumme einen gewissen Betrag übersteigt. Seit der Einführung des Modells im Jahr 1982 war dies aber nur ein einziges Mal notwendig.

Eine andere Möglichkeit könnte eine sogenannte Opt-Out-Lösung sein. In diesem Fall wäre die Elementarschadenversicherung als Zusatzbaustein bei jeder neu abgeschlossenen Hausrat- oder Gebäudeversicherung automatisch dabei.

Wer den Baustein nicht möchte, muss ihn aktiv abwählen. Einige Versicherer setzen diese Variante bereits ein und konnten so den Prozentsatz von Versicherten mit Elementarschadenversicherung schon etwas erhöhen.

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Benjamin Naue, - Jurist, Sabine Scheuer, - Rechtsberaterin, David Wichewski, - Anwalt, sowie Ferya & Christian Gülcan, Gründer und Unternehmer in B2B & B2C Gewerbe, mit ca. 30 Jahren Erfahrung als Vertragspartner unterschiedlicher Branchen, Betreiber/in und Redakteur/in dieser Webseite, schreiben hier Wissenwertes, Tipps, Anleitungen und Ratgeber für Verbraucher zum Thema Verträge, Schriftverkehr und Recht. Die Inhalte des Informationsangebots stellen keine Rechtsberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine rechtliche Beratung.

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